Einkaufszettel

Der Campingplatz ist leider aufgegeben. Die Cabañas sind offen. Also suche ich mir die hübschere der beiden und finde einen Einkaufszettel.

Zucker, Kräuter, Mayo, Möhren und Knoblauch. Sicher ein interessantes Gericht.

Jetzt regnet es. Eigentlich sollte die Gegend eher trocken sein – aber das ist Patagonien.

Unterwegs Cedrin aus Mexico getroffen, der macht seit einem Jahr eine große Südamerikarundfahrt und ist auf dem Weg nach Hause. Er meinte, ich sei total verrückt, als ich ihm erzählte, ich habe vor einem Jahr den dritthöchsten Berg seines Landes bestiegen. Das sei doch viel zu anstrengend und gefährlich.

Während neben uns die übliche Bande an in Europa ausrangierten Bussen und nagelneuen roten Hilux-Pickups mit 80 Sachen über die Waschbrettschotterpiste Staub aufwirbeln.

70km Schotter, viel schieben, 5,5h, 600 Hm. 18 Grad um 20:00.

Laguna Chiguay

Der Weg zum höchsten Pass auf der Carretera war gut. Ein wenig anstrengend bei 34 Grad. Und nur ein Minimarket. Immerhin gab es Empanadas. Hier gibt es Zeltplätze. Die Nachbarn sind Andy aus England und ein Pärchen aus Holland, aber die sind mit einem Auto unterwegs.

Noch schnell den unspektakulären 2h-Wanderweg absolviert, Zelt aufgestellt, Spaghetti gekocht. Mal schauen, ob so ein Huemul vorbeiguckt. Irgend ein bedrohtes lokales Rotwild. 

63 km, 5 h, 1300 hm, über 30 Grad,  kaum Schatten.

Zen and the art

of bicycle maintainance. Der vordere Mantel (sic) hatte einen Seitenschlag. Ich hab den mal getauscht, in der Hoffnung, dass er nicht mehr alle 2,3 Meter nervt.

Die schleifenden Bremsscheiben endlich mal geradegedengelt.

Und dann noch mal alles festgezogen und geölt.Der Freilauft zickt gelegentlich – aber da hatte ich jetzt keine Lust zum schrauben. 

Zur Belohnung gibt’s einen Roten Teppich.

Leckeres unfiltriertes Ale.

Was irgendwie passt, die Hopperdietzels waren die ersten Siedler in Puyuhuapi und haben ein wenig Urwald gerodet, ein bisserl Landwirtschaft betrieben und dann Teppiche gewebt. 

Food truck

Nach einem 300 hm Anstieg ohne Schatten stand einer der vielen ausrangieren Busse herum und verkaufte Mote con huesillo. Und Wasser. Die nette Verkäuferin hielt mir mehrere hin, um zu testen, welcher denn der kälteste sei. Das Bond-Zitat „Do I look like I would care“ kannte sie nicht. Egal. Das einzig senkrechte nach dem Pass. 

Der 100m Tunnel hatte eine erhöhte Fussgängerspur, ich hab da mal geschoben und alles an reflektierendem getragen, was ich so habe.

Die letzten 30 km waren anstrengend, viel Verkehr. Naja, ist ja auch die Verbindung von der Provinzhauptstadt zum nächsten Hafen Puerto Chacabuco . 

Coyhaique

Die Hälfte der Carretera ist geschafft. 

Ein guter Grund, ein wenig zu feiern.

Heute entschied ich mich für einen kleinen Umweg, in der Hoffnung auf Rückenwind am Nachmittag. Normalerweise sollte der vom Meer her kommen. Tat er aber nicht. Der Depp.

Egal, war schon schön. Bis auf den Pass am Ende, der war anstrengend. 

90 km, 1100 hm, 6h. So sonnig, dass ich eine Stunde Mittags in einer Bushaltestelle Schutz vor der Sonne gesucht habe. Und dann noch eine in der nächsten Wirtschaft mit einer Eintopfsuppe. Superlecker. Alles auf den Punkt. 

Insgesamt bisher:

840 km, 57 h, 9700 hm. 

Es gibt kürzere Transalps. Ich wusste nicht, dass es so wellig ist. Das Kartenmaterial lässt das nicht erkennen,  die besten Karten werden vom wichtigsten Tankstellenbetreiber gesponsert.  Und im Auto ist es relativ egal, ob es rauf oder runter geht. 

Ein wenig herumbasteln am Tacho und an den Gepäckträgern, ein verlorenes Cleat und mein Duschgel habe ich auch mal irgendwo stehen gelassen. Das Display vom mp3-Spieler ist auch semirota. Casi nunca.

Dafür sensationelle Natur. Tolle Ausblicke. Nette Menschen. Lustige Sprache. Wichtige Gespräche. Einige Gleichgesinnte. Habe schlimme Lieder gesungen in der Kälte, im Regen, in der Hitze. Mit brennenden Schenkeln mich gefragt, ob ich noch mental gesund bin.

Perfekte Einsamkeit genossen.

Freunde gefunden. Grenzen überwunden. Dankbarkeit neu entdeckt.

Und Farben. Lupinenwiesen. Fuchsienwälder. Nalcas in der Größe von Terassen. Alaceas, die schon alt waren, als bei uns die Zeitrechnung anfing. 

Bunteste Vögel. Neugierige Riesenkaninchen. Kalbende Gletscher. Derbste, aber herzliche  Bauarbeiter. 

An Supermarktkassen die Leute um mich herum gefragt, warum um alles in der Welt die Kasse für „weniger als 10 Dinge“ die langsamste im ganzen Laden ist. Erstaunte Blicke und ein wohlwollendes „Stimmt, Du hast recht. Komisch“ geerntet. 

Ich bin glücklich.

Nochmal? 

Claro que sí.